Ein gewisses Bangen war vorausgegangen. Für unsere Wanderung am 19. Mai, 10 Uhr, auf dem Lahnscheid – Lohnschd, war das schlechteste Wetter überhaupt vorausgesagt worden. Kurz vorher erhielten alle Mitglieder die Nachricht, dass die Wanderung stattfindet, aber eine Stunde vorverlegt wird. Also gut! Mit Regenkleidung und Wanderschuhen gut ausgestattet, fanden wir uns alle am Treffpunkt ein. Unser Referent, Klaus Recktenwald aus Erfweiler-Ehlingen, erklärte gleich zu Anfang der Wanderung, dass er kein Profi sei, sondern ein Autodidakt und sich alles selbst beigebracht hat. Und es geht ihm auch darum, dass das Interesse für die Natur auf eine Art und Weise geweckt wird, dass nicht alles als Unkraut bezeichnet wird und vielleicht auch im Garten gnadenlos herausgerissen wird, sondern jede Pflanze Beachtung verdient und uns einen Nutzen bringt und gar nicht schaden will. Also gut! Wir lauschten alle und sein Vortrag war so lebendig und so witzig, dass wir alle bereits zu Anfang mehrfach lachten. Es verhieß eine tolle Wanderung zu werden. Er zeigte uns Bücher, die es leicht machen, draußen die Pflanzen zu bestimmen und hatte auch ein paar Kräuter gleich zu Anfang dabei, die er gepflückt hatte. Wobei die meisten wohl nur den Waldmeister direkt errieten. Beim Baldrian und Wiesenbärenklau konnte unsere Kräuterfee aus Habkirchen punkten, die als Gast bei unserer illustren Gruppe mit ihren Freundinnen teilnahm. Insgesamt nahmen 21 Personen und ein Mops teil – natürlich Rüdiger!
Nach einer Weile der Einführung und Erklärung ging es dann los. Ja, was wächst denn da alles links und rechts des Weges. Es fand sich eine reiche Vielfalt wieder. Am meisten amüsierte uns, dass Klaus Recktenwald nicht nur die Pflanzen zeigte, sondern sie auch direkt verspeiste. Nach Zurufen, da hätten doch Hunde darauf gepinkelt, zwinkerte er nur und meinte: „Ah ja, Schäferhund, Mops und hier eine Note…“ Ich glaube, einige Personen aus unserer Gruppe wurden dann doch mutiger und probierten ein paar Kräuter. Es wurde zahlreich gesammelt und notiert und das ein oder andere Kräutlein bleibt bestimmt im Gedächtnis haften. Oder die Geschichten darum. Beispielsweise die Schafgarbe. Sie wird auch „Augenbraue der Venus“ genannt. Unsere Mädels hier auf dem Foto haben das auch gleich demonstriert. In einem Buch habe ich mal nachgelesen, dass die jungen Mädchen sie in bestimmten Nächten auf die Augen legten, um des Nachts vom zukünftigen Ehemann zu träumen… Aber sie verfügt auch über viele gute Eigenschaften, hat Bitter- und Gerbstoffe aufzuweisen und viel Kalium.
Oder das Johanniskraut, das deswegen so durchlöcherte Blätter aufweist, weil der Teufel eine Magd begehrte, die aber floh und beim Johanniskraut schließlich Zuflucht fand. Als der Teufel merkte, dass er keine Macht mehr über die Frau und verloren hatte, durchlöcherte er die Blätter der Pflanze. Johanniskraut selbst soll durch seine Wirkung die dunkle Jahreszeit verschönern und den Winterblues verjagen und hilft auch gegen Sonnenbrand, wobei davon abzuraten ist, sich einzureiben und dann in die Sonne zu gehen. Das verursacht den Sonnenbrand wiederum.
Es wurden uns aber auch Pflanzen gezeigt, die nicht essbar sind und alle waren wohl beeindruckt von der Herbstzeitlosen, die vom Aussehen her im Frühjahr gar nicht darauf schließen lässt, was da wohl entstehen wird. Sie ähnelt eher – den Blätter nach – einer Orchideenart. Für uns ist sie giftig und nur in der Medizin werden Bestandteile wie das Colchicin verwendet.
Finger weg auch vom Aronstab. Er ist ebenfalls für uns nicht genießbar. Klaus Recktenwald erzählte uns von seiner faszinierenden Weitervermehrung, denn durch seinen „Gestank“ nach Aas zieht er die Fliegen an, die dann prompt in seinen Kelch fallen und durch die Sperrhaare der Pflanze nicht mehr herauskommen. Sie sind dann für eine Nacht gefangen, bis sie die Pollen der Pflanze an ihrem Körper tragen. Vorher waren sie vielleicht schon Gefangene eines anderen Aronstabs und haben vorher die Blüten befruchtet?
Einen Strauch mit Tollkirschen fanden wir ebenfalls im Wald, aber dort waren nur die Knospen zu sehen.
An dieser Stelle wurde uns klar, warum Klaus Recktenwald einen solch großen Rucksack mit sich führte, denn hier, am Ende der Wanderung, wurden wir zu einer Verkostung eingeladen. Mitgebracht hatte er einen Apfelsecco mit Holunder aus dem Bliesgau und selbstangesetzte Limonade aus Apfelsaft mit Pimpinelle, Gundermann und Giersch. Wir probierten gerne beides und waren erstaunt darüber, wie lecker die Limonade schmeckt. Also etwas zum selbst ausprobieren. Auf die Frage nach der Menge der Kräuter meinte Herr Recktenwald: „Von jedem eine Handvoll!“
Übrigens… Der Giersch, der in (fast) jedem Garten wächst, aus dem lassen sich viele wohlschmeckende Rezepte zaubern. Eines wird hier dabei sein. Ich denke, am Ende der Wanderung waren wir uns alle einig. Das war eine tolle einzigartige Wanderung und Friederike Düthorn merkte gleich vor, dass wir im nächsten Jahr gerne wieder eine Kräuterexkursion mit ihm unternehmen möchten. Am Ende hatte der Wettergott ein Einsehen mit uns und es nieselte nur kurz.
Nun die Frage an Euch… An welche Kräuter erinnert Ihr Euch noch? Und was habt Ihr in Eurem Garten neu entdeckt?