Am 29. Mai war es nach drei Jahren endlich wieder soweit, dass eine Kräutererlebniswanderung beim OGV Oberwürzbach durchgeführt werden konnte. Wunschreferent war – wie in der Vergangenheit auch – Klaus Recktenwald. Um 9.30 Uhr traf sich die Gruppe auf dem Wanderparkplatz vor Gräfinthal und zuerst gab es eine Einleitung über Kräuter, die bereits sehr interessant begann. Vor der Zeit Carl von Linnés wurden alle Merkmale der Pflanzen hintereinander gereiht und irgendwann sorgten zu viele Begriffe für Verwirrung. Also ordnete besagter Carl von Linné irgendwann alle Pflanzen in Gruppen und dann bekamen sie eine eindeutige Erklärung hinzu. Wir lernten von Klaus Recktenwald, dass officinalis die Erweiterung der Pflanze als Heilkraut ausweist, während vulgaris auf eine gewöhnliche Pflanze hindeutet. Soviel zu den Gattungen.
Anschließend zeigte er uns seine mitgebrachten Pflanzen. Dabei war der Waldmeister ebenfalls mit von der Partie. Er gehört zu den Labkräutern und im Laufe der Wanderung sollten wir die anderen drei Labkräuter kennenlernen, die bei uns heimisch sind. Darunter das Klettenlabkraut, welches unverkennbar überall hängenbleibt, wo es nicht soll, dann das Wiesenlabkraut, das nun schon voll in der Blüte stand und einen direkt anlächelte und das Echte Labkraut. Dieses wurde in vergangener Zeit zur Fermentierung bei der Käseherstellung benutzt. Alle vier weisen einen kantigen Stengel auf und es war toll, sie nach einiger Zeit gemeinsam betrachten zu können. Ach ja, Klaus Recktenwald wies uns darauf hin, dass zur Vermehrung immerhin 25 Tiere auf das Labklettkraut angewiesen sind. Es gilt also nicht nur, Nahrung für Tiere bereit zu stellen, sondern auch eine Heimesstätte. Weshalb ein etwas weniger aufgeräumter Garten auch mehr Lebensräume für den Tierbestand darstellt, die wiederum uns Plagegeister vom Hals schaffen können oder auch unsere Bäume und Sträucher bestäuben. Alles ist ein Kreislauf und eins greift ins andere…
Wir lernten aber nicht nur etwas über Labkräuter, sondern auch über die Brennnessel, die Königin der Pflanzen. Zur Belustigung trug hier bei, dass es ganz einfach sei, männliche und weibliche Samenstände zu unterscheiden. Während die weiblichen Samen herunterhängen, recken sich die Männer nach oben. Sammeln sollte man aber die weiblichen Samen, die hervorragende Vitamin- und Mineralstofflieferanten sind. Und das völlig kostenlos. Man benötigt lediglich etwas Zeit zum Sammeln und Trocknen. Eine Brennesselecke im Garten kann also Snackbar für Mensch und Wiegestätte für das Pfauenauge sein. Zudem sind Brennnesseln hervorragende Stickstofflieferanten für unsere Pflanzen.
Es gibt natürlich nicht nur essbare Wildkräuter, wie Klaus Recktenwald weiter erläuterte… An einer Stelle fanden wir die Tollkirsche, deren Saft die Pupillen der Damen in der Renaissance und auch später erweiterte oder die Wangen rot färbte, was zur damaligen Zeit als Schönheitsideal galt. In der Medizin hat auch diese Pflanze Ihre Berechtigung – wie alle Pflanzen!
Ebenfalls zu den „Giftpflanzen“ gehört die Herbstzeitlose, die eigentlich zur dieser Frühjahrszeit aussieht wie eine Orchidee (von den Blättern her), die aber erst im Herbst unverkennbar ist und dabei nur eine Blüte zur Schau trägt und über keine Blätter verfügt.
Des Weiteren lernten wir die Skabiose von der Witwenblume zu unterscheiden, die nur beim Betrachten von unten ihren Unterschied preis geben. Und immer wieder scherzend meinte Klaus Recktenwald, wenn wir den Namen nicht mehr wissen von der Skabiose, dann sollen wir doch einfach Scarbiosa Columbaria sagen… Oder die anderen lateinischen Namen, denn die sind eindeutig, wie wir bereits von Carl von Linné wissen. Sein Wissen über die Pflanzen ist wirklich enorm und viele Pflanzen mit Geschichten behaftet.
Die Einbeere, wie hier auf dem Foto zu sehen, soll die Geschichte des Paris und der schönen Helena erzählen, denn Paris musste die schönste Göttin wählen. Zur Auswahl standen Hera, Athene und Aphrodite. Nachdem seine Wahl auf Aphrodite fiel, sprach sie ihm die schönste Frau zu.
Als unsere Gruppe an einer Bank anlangte, zwei Stunden waren wir sicher bereits unterwegs, gab es eine kleine Erfrischung von unserem Referenten, der seinen Rucksack öffnete und daraus selbstgemachte Kräuterlimonade, Apfelsecco und eine wunderbare kleine Nascherei hervorzauberte. Dabei tauchte er die Blätter des Gundermanns in Bitterschokolade und umhüllte sie damit. Mich erinnerte es im Entferntesten an After Eight.
Nach der kleinen Stärkung und vielen Fragen zu den einzelnen Kräutern ging es noch ein kleines Stück des Weges weiter, wo wir auf Steinklee, Taubenkropf-Leimkraut und die Glockenblume aufmerksam gemacht wurden.
Bei soviel Input bleibt hoffentlich bei dem Ein oder der Anderen ein wenig haften. Am Ende war es eine gelungene Wanderung, die ganz viel Interesse an der Natur zeigte und viele Anworten parat hielt. Alle Teilnehmer werden nun wohl zweimal überlegen, ob in ihrem Garten nun ein (Un-)kraut oder ein Beikraut wächst.
Vielen Dank nochmal an Klaus Recktenwald, der uns vieles näher brachte. Es war eine sehr schöne informative Wanderung.
Bericht: Sabine Jost, Bilder: Margit Frenzel, Beate Wirtz