Dieser Kurs war in zwei Teile gegliedert – zur Theorie, die am 21. Februar 2019 stattfand, trafen wir uns um 19 Uhr im alten Bürgermeisteramt. Unsererseits zahlreich besucht, empfing uns Harry Lavall mit einer Präsentation und schon schnell wurde uns klar, dass Baumschnitt sehr wohl etwas mit „Erziehung“ zu tun hat und eigenen Gesetzen unterliegt. Je höher der Stamm, desto langsamer wächst er, weil die Nahrungsaufnahme eine größere Strecke zu überwinden hat. Hier herrschen Wuchsgesetze, die es zu beachten gilt, damit aus einem kleinen Bäumchen ein schöner Baum mit prächtiger Krone und reichem Fruchtertrag wird.
Bereits wenn der Baum gepflanzt wird, entscheidet die Unterlage, auf die er veredelt ist, über den Wuchs. Das heißt, je kleiner das Wurzelwerk des Stammbaumes, desto kleiner wird auch die Krone des aufgepfropften Baumes und wenn der Laie keine Ahnung von Bäumen hat und schlecht beraten wird, dann kann es leicht passieren, dass aus einem gewünscht klein wachsenden Baum auf einmal ein vermeintlicher „Riese“ erwächst, weil die Unterlage aus einem „starken“ Baum mit großem Wurzelwerk besteht. Hier unterscheiden die sich unter ziemlich unübersichtlich gegliederten Namen wie z. B. „M9“ oder „M25“. Wir lernten, dass es mehrere Kronenformen gibt, die es auf entsprechende Obstsorten anzupassen gilt. Aber die am meisten verwendete bleibt die Pyramidenkrone, in der es einen Haupttrieb zu bestimmen gibt, der die Verlängerung des Stammes bildet und dann werden die Leitäste bestimmt, aus denen dann die Seitentriebe und das Fruchtholz erwachsen können. Der ganz junge Baum wird so geschnitten, dass vom Hauptast aus sich das Bild einer Pyramide ergibt und die Leitäste haben in etwa die gleiche Länge, sodass die „sogenannte“ Saftwaage entsteht. Außerdem sollten die Leitäste eine Astneigung von 45 Grad aufweisen und der Lichteinfall sollte gewährleistet sein, damit das Obst später gut gedeihen kann.
Also es gibt so viele Dinge beim Baum zu beachten, dass mir nach einiger Zeit schon der Kopf schwirrte und ich dachte, das lerne ich nie! Denn bei Bildern über ältere Bäume, die total verwachsen sind, da ein Bild vor Augen zu haben, welches nun die tragenden Äste sind und werden, erscheint mir schon unübersichtlich. Was einleuchtend ist, dass der Wuchs im oberen Teil des Baumes schneller vonstatten geht, als unten, denn ein schönes Beispiel war, was Harry Lavall uns anhand eines eingeschlagenen Nagels erzählte, denn ein Nagel verändert kaum seine Höhe, während die Krone rasch wächst. Da kann es schnell passieren, dass andere Äste dem Haupttrieb die Führung abnehmen wollen. Die müssen natürlich entfernt werden. Eventuell ist es nötig, einen neuen kleineren Haupttrieb zu bestimmen und ihn zum führenden Ast zu erziehen.
Bei der Praxis am Samstag, 23. Februar, wo wir uns um 13.30 Uhr auf dem „Lohnschd“ einfanden, und auf der Lehrwiese die kleinen Obstbäume in Augenschein nehmen konnten, wurde das ganze anschaulicher. Vor allem aber, dass mit dem richtigen Werkzeug alles leichter geht. Hier lernten wir zum Beispiel auch, dass beim Einpflanzen des Baumes die Veredelungsstelle des Baumes ein Stück, ca. 10 cm, über der Erde liegen muss. Bei jungen Bäumen empfiehlt es sich zudem, eine Baumscheibe anzulegen, damit das Gras dem Baum nicht das Wasser entzieht.
Beim Schneiden der dickeren Äste werden die zuerst ein sehr gutes Stück von der eigentlichen Schnittstelle her unten eingeschnitten, damit sie beim Schneiden nicht ausbrechen und den Stamm durch Einreißen beschädigen. Was bei der Baumpflege noch zu erwähnen sei ist, dass auf Schlitzäste geachtet werden sollte, denn die werden früher oder später abbrechen, weil sie nicht richtig mit dem Baum verankert sind. Was ein solcher Schlitzast ist, bemerkt man sehr schnell beim sanften Herunterziehen eines solchen. Er lässt sich ganz problemlos abbrechen. Des Weiteren sollte man nicht unerwähnt lassen, dass es sich lohnt, die Bäume durch weißen Anstrich vor Frostrissen zu schützen und im Herbst Leimringe gegen den Frostspanner anzubringen. Wir sollten gut für die Bäume sorgen, damit sie es uns danken und uns mit einer reichen Ernte belohnen! Misteln sollten übrigens direkt an den Bäumen entfernt werden, sobald sie entdeckt werden, weil sie den Baum schädigen!
Jeder kennt und liebt an Weihnachten die Mistel, aber sie schädigt die Bäume!
Den Abschluss des Baumschnittes krönte ein Imbiss mit selbst gebackenem Kuchen, Brezeln und selbstgeräuchertem Schinken und neben Kaffee und Apfelsaft gab es natürlich auch Obstbrand, denn nachdem wir mehr als drei Stunden auf dem „Lohnschd“ verbracht hatten und die Sonne sich neigte, wurde es merklich kühler.
Nach einer Lehrstunde zum Baumschnitt ist der Imbiss verdient!
Nach dieser tollen Einführung in den Baumschnitt bedankten wir uns alle bei Herrn Lavall für seine Lehrstunde!
Bericht und Fotos: Sabine Jost